2016: Auch als kleines, regionales Team darf man mal bei großen Rennen starten!

Veröffentlicht in Aktuelles | Erstellt von Philipp Ruhmöller am 9. Juli 2020

Teampräsentation, Einschreibkontrolle, eine große Schleife über 120 und mehr Kilometer mit entsprechenden Begleittross oder Stimmung wie bei der Tour de France kennen unsere Amateurfahrer eines eher kleinen, regionalen Teams nur aus dem Fernsehen oder als Fans an der Strecke. Nachdem wir mit Jürgen über die Gründungs- und Anfangsjahre des NWCT gesprochen haben, wollen wir  ein Blick zurück auf das Jahr 2016 richten. In diesem Jahr hatten wir die Möglichkeit, bei größeren Radrennen zu starten und eine andere Welt des Radsports kennenzulernen. Wie es 2016 als Amateurfahrer war, mit Nachwuchsprofis Rennen zu fahren, berichtet unserer Fahrer Philipp.

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Bereits 2015 hatte das NWCT eine Wildcard für das U23 Rennen im Rahmen des Rennes „Rund um den Finanzplatz Frankfurt-Eschborn“. Damals wurde es kurzfristig wegen Terrorgefahr abgesagt. Die Enttäuschung war riesig damals, hat man doch nicht so oft die Chance, bei so einem Rennen zu starten. Zum Glück bekamen wir 2016 nochmals eine Wildcard, für mich, im letzten Jahr der U23, war es nochmal eine super Chance.

Nach einem eher durchwachsenen Jahr 2015 fing die Saison für ich mich sehr gut an. Der Klassiker Rund um Düren eine Woche vor Frankfurt war der richtige Härtetest. Die Erkenntnis des Tages: Als Bergfahrer sind die Anstiege das kleinere Problem, im Flachen muss ich definitiv mehr aufpassen, wenn die Topteams richtig Tempo machen werden. Dies sollte sich am 1. Mai noch bewahrheiten.

Am 30. April ging es nun Richtung Frankfurt. In Eschborn, dem Start des Rennens, waren wir wie alle Teams des U23- und Profirennens im selben Hotel untergebracht. Am Tag vor dem Rennen galt es entscheidende Teile des Kurses bei einer lockern Ausfahrt zu besichtigen. Sonst ist man eher eine, zwei Stunden vor Rennstart vor Ort und schaut sich den meist kurzen Rundkurs beim Einfahren an.

In Frankfurt stand dann eine durchaus anspruchsvolle 157 Kilometer Runde durch den Taunus und über den Mammolshainer mit bis 25 Steigungsprozenten zurück nach Frankfurt mit Ziel vor der Oper auf dem Plan.

Morgens nach dem Frühstück gab es noch eine kleine Mannschaftsbesprechung. Hier wurden auch die Betreuer eingeteilt. Sind bei unseren sonstigen Rennen Betreuer eher ein willkommener Bonus, sind bei einem solchen Straßenrennen ein paar mehr Betreuer notwendig. Dann müssen auch die Eltern kurzerhand in die Verpflegungszone, um dort die Beutel mit Energienachschub anzureichen.

Als hieß es, pünktlich am Hotel zu starten, um rechtzeitig zur Teampräsentation und Einschreibkontrolle. Sonst hätten wir die ersten paar Hundert Schweizer Frank auf der Ausgabenseite gehabt. Bei UCI-Rennen sind die Strafen in Schweizer Franken zu begleichen.

Da die Jedermann-Fahrer zu der Zeit auf der Strecke waren und der Start der Profis erst später dran waren, war es zwar noch recht ruhig, dennoch etwas besonders sich vor dem Rennen so zu präsentieren zu müssen. Das mit dem „Ruhig“ sollte sich im Rennverlauf noch deutlich ändern, aber dazu später mehr.

Sportlich ging es zumindest für uns flott los. Die Fahrer der Nachwuchsmannschaften der World Tour Teams schlugen ein hohes Tempo an. Nach der Sprintwertung, wo schon einmal ordentlich Stimmung herrschte, ging es den Großen Feldberg im Taunus hoch. Das Tempo war immer noch hoch, aber für mich noch gut machbar. Auf den Abfahrten und den Gegenanstiegen wurde es schon schwieriger im Hauptfeld zu bleiben. Erst als es raus aus den Taunus in Richtung Verpflegung ging, wurde das Tempo etwas ruhiger. Nach gut 90 Kilometern einmal kurz durchatmen und sich für die letzten 50 km versorgen.

Gut 40 Kilometer vor dem Ziel ging es den Mammolshainer hoch. 25 Steigungsprozente, aber eine super Stimmung und hunderte Leute an der Stecke, die uns hochgeschrien haben. So in etwa müssen die Anstiege sich bei den großen Rundfahrten anfühlen. Definitiv ein bisschen Gänsehaut.

Oben oder eher „gedacht“ oben kam die Erkenntnis, dass es nicht direkt bergab Richtung Frankfurt ging, sondern erstmal noch ein bisschen leicht berghoch. Vorne im Feld wurde ordentlich am „Hahn“ gezogen. Das Feld wurde nochmals auseinander gerissen. So ging es dann auf wilder Hatz durch die Wohngebiete, um in kleinen Gruppen auf der Abfahrt nochmal den Anschluss ans Hauptfeld zu schaffen. Das glückte dann auch.

Nachdem die letzten Ausreiser gestellt wurden, wurde drückten die Topteams in Sprintvorbereitung nochmal ordentlich aufs Tempo. Mit den mittlerweile schweren Beinen wurde jede Brücke zu einem gefürchteten Anstieg. Noch einem richtig tief gehen und Frankfurt war erreicht.

Da uns im Vorhinein klar war, dass wir nicht unbedingt etwas mit der sportlichen Entscheidung zu tun haben werden, ließ es ich es auf den Schlusskilometern ausrollen. Noch einmal die Stimmung der Zuschauer genießen, die auf die Ankunft der Profis warteten. Dann war es geschafft, das erste UCI-Rennen für das NWCT.

Im Juni ging es dann zur U23-DM in Berlin. Vom Charakter her ein ganz anderes Rennen, 180 flache Kilometer durch Berlin und Brandenburg. Das Highlight war die acht Kilometer lange Schlussrunde durch das Herzen Berlins. Die nahezu drei Kilometer lange Zielgeraden ließ nur ein Sprintfinale als mögliche Option.

Das bedeutete aber definitiv keinen entspannten Sonntagsausflug mit den besten Nachwuchsfahrern Deutschlands. Naja am Samstag glichen die Vorbelastung und die Besichtigung der Schlussrunde als entspannte Sightseeing-Tour durch Berlin

Bereits der Start des Rennens am Sonntagmorgen zeigte sich etwas chaotisch. Das Rennen fand im Rahmen des Velothons statt. Da zu unserer Startzeit gerade Jedermänner ins Ziel kamen, schafften es nicht es nicht alle Fahrer pünktlich zum Start. Also nach ein paar hundert Metern nochmal anhalten und auf alle warten. Auch bei großen Rennen läuft nicht immer alles glatt.

Dann erfolgte der scharfe Start. Der war auch wirklich scharf. Direkt nach dem Start entwickelte sich ein nervöses und schnelles Rennen. Auf der schmalen Havelchaussee durch den Grundwald gab es ein Sturz, der das Feld teilte. Ich, der natürlich in der morgendlichen Besprechung nicht ganz dabei war, war zu weit hinten und wurde durch den Feld aufgehalten.

Zum Glück waren auch Sprinter aus den Topteams aufgehalten. So ging es auf wilder Hatz auf schmalen Straßen zurück ins Hauptfeld.

Wieder im Hauptfeld ging es schnell zurück nach Berlin. Mit hohem Tempo ging es durch das Herzen Berlin, wo sich sonst der Verkehr eher staut.

Wie zu erwarten hatte ich als Bergfahrer nichts mit der Entscheidung des Rennens zu tun, dennoch rollte ich mit dem Hauptfeld ins Ziel. Somit war meine erste DM geschafft, definitiv ein interessanter Einblick in eine andere Welt des Radsports.

Diesen Einblick möchten wir als NWCT in den nächsten Jahren den Nachwuchsfahrern aus unserer Heimatregion wieder gewähren. Solche Rennen sind eine super Motivation fürs Training und eine willkommene Abwechslung zum gewohnten Rennalltag.

 

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